Die Kirchenchronik von Kusal / Kuusalu aus den Handschriften transkribiert
Anlässlich der Glockenweihe am Reformationsfest 2010 in Kusal wurde auch über die weitere Unterstützung der Laurentiusgemeinde Kusal durch den Familienverband Kentmann e.V. gesprochen, und dabei wurde von Toomas Mäeväli angefragt, ob es nicht möglich sei, einen Band der handschriftlich vorliegenden Kirchenchronik zu transkribieren mit dem Ziel, diesen Chronikband in Deutsch und Estnisch zu veröffentlichen, denn sie stelle doch ein wichtiges kirchengeschichtliches Dokument dar, dessen Lektüre außerordentlich interessant und aufschlussreich sei.
Bereits einige Jahre zuvor wurde ich auf diesen Band 5 der Kirchenchronik von Kusal aufmerksam, von dem wesentliche Teile von Vorfahren der Familie Kentmann verfasst worden sind, und der im Internet eingesehen werden kann (in der Datei Rahvusarhiiv unter der Internetadresse http://www.ra.ee/dgs/explorer.php unter Ida-Harju praostkond / EELK Kuusalu kogudus (seitenweise als Bilddateien – .png)).
Dieser Chronikband umfasst den Zeitraum von 1837 bis 1914 und ist von folgenden Pastoren verfasst worden:
- Eduard Ahrens (1837 – 1863)
- Woldemar Friedrich Kentmann (1863 – 1901)
- Woldemar Reinhold Kentmann (1901 – 1906)
- Carl Eduard Ney (1907 – 1914)
Schon bald druckte ich mir die von Propst Woldemar Friedrich Kentmann und von Pastor Woldemar Reinhold Kentmann geschriebenen und die Jahre 1861 bis 1906 umfassenden Teile aus. Es zeigte sich jedoch, dass eine genauere Beschäftigung damit wegen der sehr schwer lesbaren Handschriften, dazu zum großen Teil in altdeutscher Schrift verfasst, außerordentlich mühevoll und zeitaufwändig ist. Aber schon dabei gewann ich den Eindruck, dass es sich bei dieser Handschrift um ein interessantes familien- und zeitgeschichtliches Dokument handelt, dessen Erschließung sehr lohnend sein würde.
Nach einer Diskussion darüber auf dem Kentmannschen Familientag 2011 hat mir das Projekt „Kirchenchronik Kusal“ keine Ruhe mehr gelassen, und nach mehreren Kontakten mit dem Vorsitzenden Dr. Konrad Kentmann und verschiedenen Mitgliedern des Familienverbandes bin ich schließlich an seine Realisierung gegangen. Ich denke damit auch besonders im Sinne des Stifters des Familienverbandes zu handeln, denn wichtige Teile sind von dessen Vater verfasst. Ich habe mich also an die Arbeit gemacht, und dabei auch dank der eingegangenen Spenden externe Hilfe in Anspruch nehmen können. So wurden der von W. F. Kentmann verfasste Teil sowie etliche Protokolle von Herrn Michael Nülken übertragen. Die übrigen Texte wurden vom Projektverantwortlichen bearbeitet. Die gesamte Transkription konnte im September 2012 abgeschlossen werden. Seitdem liegt die Verantwortung der weiteren Bearbeitung (Korrektur der geografischen und Eigennamen, Übersetzung der estnischen Textteile ins Deutsche und des gesamten Textes ins Estnische, Erstellung der Druckvorlage) bei Toomas Mäeväli. 2014 soll das Projekt mit der Herausgabe der Chronik durch die Laurentiusgemeinde Kusal abgeschlossen werden. Das gesamte Projekt wird durch den Familienverband Kentmann e.V. und die Familie Knüpffer über den Verein Baltische Baudenkmäler e.V. gefördert.
Die Kirchenchronik Kusal Bd. 5
Der Chronikband Nr. 5 enthält neben der eigentlichen Kirchenchronik noch das Verzeichnis der Verstorbenen für die Jahre 1832 und 1833, die Konventsprotokolle seit 1835, verschiedene Berechnungen des Witwenjahres und die Protokolle zu den Einführungen der Pastoren von 1837 – 1923.
Die eigentliche Chronik beginnt mit einigen Daten zur Geschichte des Kirchspiels Kusal. Weitere Daten werden in der Chronik genannt.
Woldemar Reinhold Kentmann schreibt In der Chronik über seinen Vater Propst Woldemar Friedrich Kentmann und dessen Arbeit als Pastor in Kusal:
Propst Wold. Kentmann‘s Thätigkeit in Kusal hat tiefe Spuren hinterlassen, die zum Segen der Gemeinde sich gewiss noch lange werden nachweisen lassen. Es sei hier nur noch auf einen Punkt das Augenmerk gerichtet: als er die Pfarre übernahm, gab es im Kirchspiel noch keine einzige Volksschule. Mit regem Interesse hat er in der Schulsache gearbeitet und 10 Schulen standen bei seinem Tode in Thätigkeit…
Ich spreche den dringenden Wunsch aus, es möchte keiner meiner Nachfolger durch die allerdings nicht leicht lesbare Handschrift des Propstes Wold. Kentmann sich von der eingehenden Lektüre dieser Chronik für die Jahre 1863 – 1900 abhalten lassen. Es sind wie für die baltischen Lande überhaupt, so auch für Kusal speziell in vielfacher Hinsicht sehr bedeutungsvolle Jahre gewesen, und für Kusal haben diese Jahre in der Person von Propst Kentmann einen ausgezeichneten Chronisten gefunden.
Und Karl Eduard Ney schreibt über seinen Vorgänger Woldemar Reinhold Kentmann:
Die gewissenhafte Führung dieser Chronik charakterisiert den ganzen Mann. Er war peinlich gewissenhaft, was ihm die Stellung hier, spez. im Verkehr mit den Kirchenvorstehern, sehr erschwerte. Ein stiller Gelehrter, alttestamentlicher Spezialist, in dessen Bibliothek auch syrische und arabische Bücher nicht unbenutzt standen, musste plötzlich Landpastor sein. Dazu noch in so verworrenen Verhältnissen, wo Soll und Haben nie stimmen…