Baltische Baudenkmäler e.V.

Engel

Das Grabdenkmal "Trauernder Engel" auf dem Friedhof von Sunakste

Das im Jahr 1907 entstandene Grabdenkmal ruht auf einem Piedestal, in welches die Daten der Verstorbenen und ein Psalm eingraviert sind. Nach Vandalisierung wurde es im Auftrag des Vereins zur Förderung Baltischer Baudenkmäler im Jahr 2013 restauriert.

Im ländlichen Irgendwo zwischen Jakobstadt (Jekabpils) und der litauischen Grenze liegt Viesite mit dem Weiler Eckengrafen, in dessen Nähe sich die „Weiße Kirche“, das Behr‘sche Gut Wahrenbrock (Varnava) und der alte Friedhof von Sonnaxt (Sunakste) befindet. Dort finden wir die letzte Ruhestätte von Pastor Gotthard Friedrich Stender, der im 18. Jahrhundert als Sprachwissenschaftler und Erfinder nicht nur in Lettland, sondern auch im Herzogtum Braunschweig und am dänischen Hof Berühmtheit erlangte.

Nur einige Schritt entfernt – jenseits des ursprünglichen Friedhofbezirks - finden wir ein Grabmal, das einen fast lebensgroßen, geflügelten Engel zeigt, der einen Blütenkranz in der müden Hand hält. Diese Figur symbolisiert die elterliche Trauer um Angèle Bsse. Behr, die im Jahr 1907 mit 20 Jahren verstarb und dort bestattet wurde. Von Vandalen in den Jahren nach 1970 weitgehend zerstört, standen die Reste des Engels noch vierzig Jahre lang auf dem Piedestal, bis Prof. Dr. med. Fritz Keck (Heide/Holstein), ein Fachkollege von Professor Valdis Pirags (Universität Riga), von diesem zur Restaurierung angeregt wurde.

Professor Michael Garleff erfuhr davon und wandte sich an den Verein zur Förderung Baltischer Baudenkmäler, der daraufhin Kontakt mit Herrn Keck und der lokalen Organisatorin Sylvija Piraga in Viesite aufnahm. Im Sommer 2013 besuchte der Vereinsvorsitzende Frau Piraga und besichtigte den Friedhof zur Bestandsaufnahme. Durch den damaligen Direktor des Schlossmuseums von Ruhenthal (Rundale), Dr. h.c. Imants Lancmanis vermittelt, hatte der dortige Restaurator Gunars Grinfelds ein Angebot erstellt, das rund 1.800€ über der von Fritz Keck zugesagten Spende lag. Eine an den Familienverband der Barone Behr gerichtete Bitte ergab eine großzügige Spendenzusage im vierstelligen Bereich und schließlich gründete Herrn Grinfelds Frau eine Firma, die nach lettischem Recht nur 5% MWSt. abführen musste. Damit war der Weg frei für den Vertragsschluss.

Ein Besuch in Grinfelds Werkstatt in den Kellerräumen des Schlossmuseums zeigte im Herbst 2013 den raschen Fortschritt der Restaurierungsarbeiten. Währenddessen reinigten Freiwillige aus Viesite und aus der Universität Riga das Friedhofsgelände und das Piedestal, lokale Handwerker legten rund um das Denkmal einen festen Boden aus Pflastersteinen und eine Treppe dorthin.

Als die Akademie der Wissenschaften an der Universität Lettlands in Riga zum 300. Geburtstag Stenders eine internationale wissenschaftliche Tagung veranstaltete, wurde am 6. September 2014 ein gemeinsamer Ausflug zum Friedhof von Sunakste unternommen. Professor Dr. Janis Stradins, der Direktor der Akademie, hielt eine bewegende Ansprache und verwies dabei auf den im Hintergrund weiß leuchtenden Engel im Schatten der alten Bäume.